Nun kann man also davon ausgehen, dass es im Leben ganz bestimmt nicht so ist wie in den Pilcher und Roberts-Filmen, wo am Ende eine einen heiratet, meist im englischen Garten oder wahlweise der englischen, also anglikanischen Kirche, umgeben von englischen Hügeln im englischen Cornwall in England. Und die Gäste, also natürlich eigentlich die Schauspieler, machen wir uns nichts vor, tragen, trotz ihrer deutschen Herkunft und der deutsch-österreichischen Koproduktion und des deutschen Regisseur und des österreichischen Hauptdarsteller und der deutschen Hauptdarstellerin und nur eines einzigen englischen Nebendarstellers, den Butler spielend meist, oder den Gärtner, zwecks der Erhaltung der Englishness des Gartens und der Spannung – im Zweifelsfall war’s der Gärtner – englische Kostüme. Also nicht direkt Kostüme aus England, ganz bestimmt nicht, man kann mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit voraussagen, ohne die Filmcrew näher zu kennen, dass die Kostümbildnerin oder der Kostümbildner dieselbe Nationalität besitzt wie die Hauptdarstellerin oder der Hauptdarsteller, schon der Einfachheit und der professionellen Beziehungen des Produktionsleiters wegen. Nicht aus England, also, die Kostüme, aber englisch aussehend. Vor allem die Hüte, das ist das markanteste Kennzeichen, stechen einem sofort ins Auge. Obwohl Engländer, und wahrscheinlich auch nicht alle, nein, ganz sicher nicht, man denke nur an die Anhängerschaft von Manchester United, obwohl also nur manche Engländer nur gelegentlich oder auch häufig, je nach Klasse und Gesinnung und Stimmung und Familienstammbaum, Hüte tragen, so tun sie dies nicht ausschließlich bei Hochzeiten, sondern vielen anderen, ähnlich festlichen Anlässen, man denke nur an Begräbnisse, Taufen, runde Geburtstage etc. Dennoch verbindet man, und daran sind eben die deutsch-österreichischen Koproduktionen im Hauptabendprogramm schuld, englische Hüte, also eigentlich Menschen, die dank Hüten englisch aussehen, mit Hochzeiten. Englischen, um genau zu sein.
Friday, June 19, 2015
Thursday, June 18, 2015
Untitled
This piece ranked third place in the bi-annual BEWAG Literature Award Competition 2008.
11.5.20- -
11.5.20- -
Sie hasste Hochzeiten. Allgemein, aber besonders die heutige. Die ihrer kleinen Schwester. Ihrer jüngeren, besseren, erfolgreicheren und selbstverständlich hübscheren kleinen Schwester. Aber man macht eben gute Miene zum bösen Spiel, was blieb ihr auch anderes übrig. Gott, wie sie diese Heuchlerei, dieses gutbürgerliche Trauerspiel verabscheute.
„Evi, schön dich zu sehen.“
Küsschen.
Und noch mehr verabscheute sie Küsschen. Und Evi genannt zu werden. Und am allermeisten den selbstgefälligen, hyperglücklichen Blick ihrer Schwester. Ja, lach nur, jetzt ertrag ich es noch, aber selbst meine Geduld, die Geduld eines Engels, der ich, wie du nicht müde wirst, mir zu versichern, ohne Zweifel bin, hat irgendwann ein Ende.
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Wednesday, June 17, 2015
Krieg der Welten
This piece won the Recognition Award 2010 from the Austrian Writers' Association.
13.01.2010 22:15 Uhr
13.01.2010 22:15 Uhr
Morgen, 19 uhr, schlosscafé?
13.01.2010 22:21 Uhr
Gut. Bis dann. Lg.
Die Reiter der Textapokalypse. Die Advokaten der Verballhornung, des Neologismus, der Kürzeln und Formeln. Er mochte den Klang, den meist vorhersehbaren und doch, in kleinsten Details, immer wieder überraschenden Inhalt, die Art und Weise der Transmission: ein Piepen, Summen, Vibrieren, je nach Lust und Laune, ein bis zwei gekonnte Griffkombinationen auf dem Telefon (eine notwendige Zeitspanne, in der die Antizipation ins Unermessliche steigen soll. Bei ihm tat sie es immer, selbst während der profansten Konversation), ein schnelles, flackerndes Aufblitzen und – da war sie, die Kurznachricht. Banause, wer das Poetische Potential des Short Message Service, das PP der SMS, nicht zu erkennen bereit war.
Tuesday, June 16, 2015
Live
Trigger Warning: This one is quite heavy on violence and explicit sex, inspired, at the time, by the British In-Yer-Face theatre of the 1990s and early 2000s. For an introduction, see Aleks Sierz's eponymous 2001 monograph. The following was an attempt to translate into prose what Sarah Kane, Mark Ravenhill and others so marvelously achieved in drama.
Um halb vier Uhr morgens brannte sein Rachen von Alkohol gemischt mit Fruchtsaft, sein Körper zitterte unter der nassen Kleidung, die Augen zuckten zwischen Lichtkegeln, Menschenmassen und ihren verzerrten Mündern, verklebten Haaren und dem Versuch, der Vorherbestimmung zu entkommen, hin und her. Er mochte die Großstadt und ihre Tempel. Hier waren alle kränklich, krank sowieso. Keiner war für dieses Licht, den Schweiß, den Rauch, die Reibung geschaffen, alle Körper litten, schrieen, wehrten sich, aber irgendetwas, was das Gegenteil von allem sein musste, umklammerte die Momente im Tempel mit eiserner Faust, ließ nicht los bevor der Körper tobte. Und das Loch war gestopft, mit Sinn gefüllt von Mitternacht bis zum Morgengrauen.
Er selbst war schon immer ein Mann der Mäßigung gewesen. Alles mit Maß und Ziel, wie seine Großmutter zu sagen pflegte.
Seine Großmutter hatte immer alles unter Kontrolle gehabt, ausgewiesen durch diverse hohe Funktionen im Dorf und später gar als Vorständin des Trachtenvereins. Mäßigung war das Gebot und seine Großmutter hatte sich daran gehalten.
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